Schlechte Stimmung zwischen Albanien und Serbien

Wenn Diplomatie unter Staatsmännern schiefgeht, kann man von einem Eklat sprechen. Oder von Provokation. Beim historischen Treffen zwischen den Regierungschefs Serbiens und Albaniens hat Diplomatie nicht funktioniert.

Und so war es für den serbischen Gastgeber Aleksandar Vucic (im Bild links) eine „Provokation“, was sein Gast aus Albanien auf der Pressekonferenz der beiden Ministerpräsidenten zum Besten gab. Mit einem solchen Statement habe er nicht gerechnet: Der albanische Ministerpräsident Edi Rama erklärte in Belgrad, dass die Unabhängigkeit des Kosovo von 108 Staaten weltweit anerkannt werde. „Dies ist eine unumkehrbare Realität und diese Realität muss respektiert werden.“ Je eher die Loslösung des Kosovo akzeptiert werde, „desto schneller können wir Fortschritte erzielen“.

Er hätte wissen können, dass er den Gastgebern damit keine Freude macht. Denn der Status des Kosovo ist für die serbische Regierung ein – vorsichtig ausgedrückt – sensibles Thema.

Diese Bemerkungen stellten eine Provokation dar, entgegnete der serbische Ministerpräsident Vucic. Serbien werde das Kosovo, das sich 2008 für unabhängig erklärt hat, niemals als souveränen Staat anerkennen. Er könne es „niemandem gestatten, Serbien in Belgrad zu demütigen“, sagte Vucic, der sichtlich Mühe hatte, die Fassung zu bewahren. Das Kosovo sei „laut der Verfassung ein Teil Serbiens, es hat und wird niemals etwas mit Albanien zu tun haben“. Soweit der fehlgeschlagene Versuch einer Annäherung.

Erster Besuch seit Jahrzehnten

Dabei hätte alles so schön werden können. Erstmals seit fast sieben Jahrzehnten hatte sich wieder einmal ein albanischer Ministerpräsident nach Serbien aufgemacht. Rama wollte mit seinem serbischen Amtskollegen Vucic eigentlich über eine Annäherung beider Staaten sprechen. Nötig sei ein neuer Ansatz „für eine bessere Zukunft unserer Völker“, sagte Rama im Vorfeld. Es sei Zeit, „all das hinter uns zu lassen, was Konflikte und Blutvergießen verursacht hat“.

Das unschöne Fußballspiel zwischen Serbien und Albanien, das abgebrochen wurde

Das Verhältnis zwischen Albanien und Serbien gilt seit dem Krieg 1999 um den Kosovo – und dessen Unabhängigkeitserklärung 2008 sowieso – als besonders angespannt. In der früheren jugoslawischen und später serbischen Provinz lebt eine albanische Bevölkerungsmehrheit.

Das schon mehrmals geplante Treffen beider Regierungschefs war zuletzt nach dem Skandal um das Qualifikationsspiel zur Fußball-EM zwischen beiden Ländern in Belgrad vor wenigen Wochen verschoben worden. Damals war eine Drohne mit einer Landkarte von Großalbanien ins Stadion geschwebt. Daran hatten sich Prügeleien zwischen den Spielern sowie zwischen Zuschauern und albanischen Fußballern entzündet. Das Match war abgebrochen worden.

ml/cr (afp,rtr)

Streit um Kosovo-Armee: Parlament macht Weg frei zu vorgezogenen Wahlen

Streit um Kosovo-Armee: Parlament macht Weg frei zu vorgezogenen Wahlen

Die Albaner im Kosovo wollen mit eigenen Streitkräften ihre Unabhängigkeit untermauern. Nach Widerstand der Serben einigten sich die anderen Parteien auf vorgezogene Parlamentswahlen im Juni. Der Westen ist skeptisch.

Die Führer der größeren politischen Parteien suchen so neue, klare Mehrheiten für ihre Pläne für eine eigene Armee im Balkan-Staat Kosovo: 90 von 120 Abgeordneten stimmten am Mittwoch dementsprechend in Pristina für eine Auflösung des Parlaments. Sie wollen die Neuwahlen vom November auf den 8. Juni vorziehen. Präsidentin Atifete Jahjaga müsste die Wahlen innerhalb von 45 Tagen offiziell ausrufen.

Nicht nur die Führung des Nachbarstaats Serbien, auch die serbische Minderheit im Kosovo läuft Sturm gegen die Strategie eigener Streitkräfte. Angestrebt wird, ab 2019 5000 aktive Soldaten und 3000 Reservisten aufzustellen, ausgestattet mit einem Jahresbudget von 65 Millionen Euro.

Die Regierung des Kosovo plant einen weiteren Schritt zur vollen Souveränität: den Aufbau eigener Streitkräfte. Serbien sieht das als eine Provokation und verlangt eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrates. (16.03.2014)

Boykott der Serben

Die Abstimmung über die neue Armee am Montag war von den serbischen Abgeordneten durch ihr Fernbleiben über den Haufen geworfen worden. Die serbische Minderheit verfügt im Parlament über verschiedene Schutzklauseln, die ihr politischen Einfluss sichern sollen. Regierungschef Hashim Thaci drängte daraufhin auf rasche Neuwahlen mit dem Ziel „glaubwürdiger und funktionsfähiger Institutionen“. Auch Isa Mustafa, der Vorsitzende der Demokratischen Liga des Kosovo, beklagte eine Lähmung der Volksvertretung.

Die frühere serbische Provinz Kosovo verfügt zwar über ein eigenes, leicht bewaffnetes Sicherheitskorps (TMK). Die etwa 2500 Mann unterstehen jedoch dem Kommando der internationalen Schutztruppe KFOR. In der KFOR-Mission sind auch 700 Bundeswehrangehörige eingesetzt.

Nach dem Krieg der Jahre 1998 und 1999 hatten sich die Albaner 2008 als souveräner Staat von Serbien losgelöst. Belgrad erkennt den Schritt bislang jedoch nicht an. In der jüngeren Vergangenheit näherten sich beide Länder unter EU-Vermittlung allerdings immer weiter an. Westliche Regierungen fürchten, die Pläne für eine eigene Armee könnten die Spannungen mit den etwa 100.000 Serben im Kosovo und mit Serbien neu aufflammen lassen.

SC/kle (rtre, afp, dpae)

Kosovo-Albaner wieder im Aufstand gegen serbischen Minister

Kosovo-Albaner wieder im Aufstand gegen serbischen Minister

Im Kosovo ist ein serbischer Ressortchef durch eine verächtliche Bemerkung über die Albaner zur Zielscheibe geharnischter Proteste geworden. Doch den Demonstranten passt auch der Ausgleich des Landes mit Belgrad nicht.

Bei Protesten gegen einen serbischen Minister sind im Kosovo zahlreiche Menschen verletzt worden. In der Hauptstadt Pristina versuchten tausende Anhänger der nationalistischen albanischen Bewegung „Vetevendosje“ (Selbstbestimmung), den Sitz der Regierung zu stürmen. Sie forderten den Rücktritt von Arbeitsminister Aleksandar Jablanovic, einer von drei Serben im Kabinett, wegen Äußerungen, die als Beleidigung für die Albaner empfunden wurden.

„Jalblanovic raus“ und „Nieder mit der Regierung“, riefen die Demonstranten. Sie attackierten die Polizei mit Steinen, die daraufhin Tränengas einsetzte. Wie die Polizei mitteilte, waren unter den etwa 40 Verletzten auch 22 Polizisten. Demnach wurden rund 30 Demonstranten festgenommen.

Der kosovarische Arbeitsminister Aleksandar Jablanovic (Foto: DW/B.Cani)

Zog den Zorn auf sich: Arbeitsminister Jablanovic

Albaner als „Wilde“ bezeichnet

Bereits am Samstag waren Tausende Kosovo-Albaner auf die Straße gegangen. Der Chef von Vetevendosje, Albin Kurtin, sagte, die Proteste würden bis zum Rücktritt Jablanovics fortgesetzt. Kosovos Präsidentin Atifete Jahjaga rief dagegen zur Ruhe auf. Die chaotischen und gewaltsamen Szenen seien „nicht hinnehmbar“, so Jahjaga.

Der Serbe Jablanovic hatte vor zwei Wochen albanische Demonstranten als „Wilde“ bezeichnet, weil sie eine Gruppe von Serben daran gehindert hatten, zum orthodoxen Weihnachtsfest ein Kloster im Westen des Kosovos zu besuchen. Die Beschuldigten argumentierten, unter den Pilgern seien auch „Kriegsverbrecher“ gewesen. Später bat Jablanovic öffentlich um Entschuldigung, die Proteste gegen ihn dauerten aber an.

die Präsidentin des Kosovo, Atifete Jahjaga (Foto: picture-alliance/AP Photo/V. Kryeziu)

Ruft zur Ruhe auf: Kosovos Präsidentin Jahjaga

Gespräche zwischen Kosovo und Serbien

Die Protestierenden warfen zudem der Regierung in Pristina vor, gegenüber dem serbischen Nachbarn zu nachgiebig zu sein. Die EU will am 9. Februar in Brüssel neue Verhandlungen zwischen den zerstrittenen Nachbarländern vermitteln. Dabei geht es um die Integration der serbischen Minderheit in das fast nur noch von Albanern bewohnte Kosovo. Das Kosovo hatte im Jahr 2008 seine Unabhängigkeit von Serbien erklärt, wird von Belgrad jedoch nicht anerkannt. In dem Kleinstaat leben 1,8 Millionen Albaner und 120.000 Serben.

sti/kle (dpa, afp)

Neue Regierung im Kosovo ohne Thaci

Neue Regierung im Kosovo ohne Thaci

Da die drei neuen Regierungsparteien bei der Wahl am Sonntag zusammen nur 41 Prozent erzielten, soll das zukünftige Kabinett auch von der nationalistischen „Vetevendosje“ (Selbstbestimmung) mitgetragen werden, berichteten mehrere Medien übereinstimmend. Albin Kurti, Vorsitzender der „Vetevendosje“, kündigte an, seine Partei werde in den nächsten Tagen entscheiden, ob sie auch formell in die Regierung eintrete. Man werde sich an einer „Notregierung“ nur beteiligen, wenn der von den USA und der EU vermittelte Aussöhnungsprozess zwischen der albanischen Mehrheit und der serbischen Minderheit im Land unterbrochen wird.

Neue Regierung im Kosovo ohne Thaci 1

Neue Koalition für das Kosovo: Ramush Haradinaj, Isa Mustafa und Fatmir Limaj

Die Gründer von Nisma sind ebenso wie der neue Regierungschef Haradinaj und die Nationalisten erbitterte Gegner Hashim Thacis. Sie werfen ihm Nachgiebigkeit gegenüber der serbischen Minderheit, die Wirtschaftsmisere und die alles beherrschende Korruption vor. Das Kosovo ist auch sechs Jahre nach der Unabhängigkeit eines der ärmsten Länder Europas.

Vom Sieger zum Verlierer

Der seit 2008 amtierende Regierungschef Thaci, der die Wahl gewonnen hatte, muss in die Opposition wechseln. Thaci und seine PDK-Partei waren aus der Parlamentswahl mit knapp 31 Prozent als stärkste Kraft hervorgegangen. Thacis bisheriger Koalitionspartner AKR war an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert. Das Ausland hatte sich ein neues Mandat für Thaci gewünscht.

In einer Reaktion auf die neue Koalition warf Thaci seinen Gegnern vor, sich verfassungswidrig zu verhalten. „Die Auftrag der Regierungsbildung liegt bei der stärksten Kraft, die aus den Parlamentswahlen hervorgeht. Und das ist die PDK“, sagte Thaci.

Wer ist der neue Chef der Regierung?

Ramush Haradinaj ist ein Bauernsohn und stammt aus einem Dorf ganz im Westen des Landes. Nach dem Militärdienst, wo er schnell Karriere machte, verbrachte er Jahre in der Schweiz mit Gelegenheitsjobs. Im Bürgerkrieg zwischen Serben und Albanern machte er sich einen Namen als Waffenbeschaffer des albanischen Rebellenverbandes UCK. In der Schweiz bekam er daher sogar politisches Asyl. Sein politischer Aufstieg zum Kosovo-Regierungschef im Dezember 2004 endete schon drei Monate später wegen einer Anklage vor dem UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag. Zweimal wurde er dort freigesprochen. Die Anklage kritisierte allerdings, dass viele Zeugen eingeschüchtert wurden oder auf ungeklärte Weise ums Leben kamen. Aufgeklärt wurden diese Fälle nie. Der Jurist Haradinaj, der mit der TV-Journalistin Anita verheiratet ist, wurde auch immer wieder mit dem organisierten Verbrechen in Verbindung gebracht. Nachgewiesen wurde ihm jedoch nie etwas.

Seit seiner Rückkehr ins Kosovo hatte Haradinaj wiederholt angekündigt, er werde anstelle von Hashim Thaci Regierungschef. Wenige Tage vor seinem 46. Geburtstag hat er dieses Ziel wohl erreicht.

nis/kle (dpa, rtre, afpe)

/dw.de/