Kosovo-Albaner wieder im Aufstand gegen serbischen Minister

Kosovo-Albaner wieder im Aufstand gegen serbischen Minister

Im Kosovo ist ein serbischer Ressortchef durch eine verächtliche Bemerkung über die Albaner zur Zielscheibe geharnischter Proteste geworden. Doch den Demonstranten passt auch der Ausgleich des Landes mit Belgrad nicht.

Bei Protesten gegen einen serbischen Minister sind im Kosovo zahlreiche Menschen verletzt worden. In der Hauptstadt Pristina versuchten tausende Anhänger der nationalistischen albanischen Bewegung „Vetevendosje“ (Selbstbestimmung), den Sitz der Regierung zu stürmen. Sie forderten den Rücktritt von Arbeitsminister Aleksandar Jablanovic, einer von drei Serben im Kabinett, wegen Äußerungen, die als Beleidigung für die Albaner empfunden wurden.

„Jalblanovic raus“ und „Nieder mit der Regierung“, riefen die Demonstranten. Sie attackierten die Polizei mit Steinen, die daraufhin Tränengas einsetzte. Wie die Polizei mitteilte, waren unter den etwa 40 Verletzten auch 22 Polizisten. Demnach wurden rund 30 Demonstranten festgenommen.

Der kosovarische Arbeitsminister Aleksandar Jablanovic (Foto: DW/B.Cani)

Zog den Zorn auf sich: Arbeitsminister Jablanovic

Albaner als „Wilde“ bezeichnet

Bereits am Samstag waren Tausende Kosovo-Albaner auf die Straße gegangen. Der Chef von Vetevendosje, Albin Kurtin, sagte, die Proteste würden bis zum Rücktritt Jablanovics fortgesetzt. Kosovos Präsidentin Atifete Jahjaga rief dagegen zur Ruhe auf. Die chaotischen und gewaltsamen Szenen seien „nicht hinnehmbar“, so Jahjaga.

Der Serbe Jablanovic hatte vor zwei Wochen albanische Demonstranten als „Wilde“ bezeichnet, weil sie eine Gruppe von Serben daran gehindert hatten, zum orthodoxen Weihnachtsfest ein Kloster im Westen des Kosovos zu besuchen. Die Beschuldigten argumentierten, unter den Pilgern seien auch „Kriegsverbrecher“ gewesen. Später bat Jablanovic öffentlich um Entschuldigung, die Proteste gegen ihn dauerten aber an.

die Präsidentin des Kosovo, Atifete Jahjaga (Foto: picture-alliance/AP Photo/V. Kryeziu)

Ruft zur Ruhe auf: Kosovos Präsidentin Jahjaga

Gespräche zwischen Kosovo und Serbien

Die Protestierenden warfen zudem der Regierung in Pristina vor, gegenüber dem serbischen Nachbarn zu nachgiebig zu sein. Die EU will am 9. Februar in Brüssel neue Verhandlungen zwischen den zerstrittenen Nachbarländern vermitteln. Dabei geht es um die Integration der serbischen Minderheit in das fast nur noch von Albanern bewohnte Kosovo. Das Kosovo hatte im Jahr 2008 seine Unabhängigkeit von Serbien erklärt, wird von Belgrad jedoch nicht anerkannt. In dem Kleinstaat leben 1,8 Millionen Albaner und 120.000 Serben.

sti/kle (dpa, afp)

Neue Regierung im Kosovo ohne Thaci

Neue Regierung im Kosovo ohne Thaci

Da die drei neuen Regierungsparteien bei der Wahl am Sonntag zusammen nur 41 Prozent erzielten, soll das zukünftige Kabinett auch von der nationalistischen „Vetevendosje“ (Selbstbestimmung) mitgetragen werden, berichteten mehrere Medien übereinstimmend. Albin Kurti, Vorsitzender der „Vetevendosje“, kündigte an, seine Partei werde in den nächsten Tagen entscheiden, ob sie auch formell in die Regierung eintrete. Man werde sich an einer „Notregierung“ nur beteiligen, wenn der von den USA und der EU vermittelte Aussöhnungsprozess zwischen der albanischen Mehrheit und der serbischen Minderheit im Land unterbrochen wird.

Neue Regierung im Kosovo ohne Thaci 1

Neue Koalition für das Kosovo: Ramush Haradinaj, Isa Mustafa und Fatmir Limaj

Die Gründer von Nisma sind ebenso wie der neue Regierungschef Haradinaj und die Nationalisten erbitterte Gegner Hashim Thacis. Sie werfen ihm Nachgiebigkeit gegenüber der serbischen Minderheit, die Wirtschaftsmisere und die alles beherrschende Korruption vor. Das Kosovo ist auch sechs Jahre nach der Unabhängigkeit eines der ärmsten Länder Europas.

Vom Sieger zum Verlierer

Der seit 2008 amtierende Regierungschef Thaci, der die Wahl gewonnen hatte, muss in die Opposition wechseln. Thaci und seine PDK-Partei waren aus der Parlamentswahl mit knapp 31 Prozent als stärkste Kraft hervorgegangen. Thacis bisheriger Koalitionspartner AKR war an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert. Das Ausland hatte sich ein neues Mandat für Thaci gewünscht.

In einer Reaktion auf die neue Koalition warf Thaci seinen Gegnern vor, sich verfassungswidrig zu verhalten. „Die Auftrag der Regierungsbildung liegt bei der stärksten Kraft, die aus den Parlamentswahlen hervorgeht. Und das ist die PDK“, sagte Thaci.

Wer ist der neue Chef der Regierung?

Ramush Haradinaj ist ein Bauernsohn und stammt aus einem Dorf ganz im Westen des Landes. Nach dem Militärdienst, wo er schnell Karriere machte, verbrachte er Jahre in der Schweiz mit Gelegenheitsjobs. Im Bürgerkrieg zwischen Serben und Albanern machte er sich einen Namen als Waffenbeschaffer des albanischen Rebellenverbandes UCK. In der Schweiz bekam er daher sogar politisches Asyl. Sein politischer Aufstieg zum Kosovo-Regierungschef im Dezember 2004 endete schon drei Monate später wegen einer Anklage vor dem UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag. Zweimal wurde er dort freigesprochen. Die Anklage kritisierte allerdings, dass viele Zeugen eingeschüchtert wurden oder auf ungeklärte Weise ums Leben kamen. Aufgeklärt wurden diese Fälle nie. Der Jurist Haradinaj, der mit der TV-Journalistin Anita verheiratet ist, wurde auch immer wieder mit dem organisierten Verbrechen in Verbindung gebracht. Nachgewiesen wurde ihm jedoch nie etwas.

Seit seiner Rückkehr ins Kosovo hatte Haradinaj wiederholt angekündigt, er werde anstelle von Hashim Thaci Regierungschef. Wenige Tage vor seinem 46. Geburtstag hat er dieses Ziel wohl erreicht.

nis/kle (dpa, rtre, afpe)

/dw.de/